Deutschland

Nürnberg

Nach langem Abwägen, Rechnen und Überlegen, wie wir unsere aktuellen bürokratischen Probleme am besten lösen sollen, entscheiden wir uns, vom 04.12. bis zum 11.12.2018 nach Nürnberg zu Mägdis Mama zu fliegen. Es gibt nämlich Probleme mit dem Vermieter, die nur von Deutschland aus zu klären sind; des Weiteren müssen wir endlich das ‚Carnet de Passage’ besorgen, ohne das wir in Afrika mit unserem Bus nicht weiter reisen können. Außerdem müssen wir diverse Utensilien für die Morla besorgen, die es in Marokko bzw. Afrika nicht zu kaufen gibt (z.B. ‚Schleim-Ex’ zur Säuberung unserer Trinkwasserleitung, diverse Kleinteile/ Wohnmobilelektronik, etc.) Wir fliegen ab Marrakesch mit gemischten Gefühlen los.

Einerseits freuen wir uns riesig, Mägdis Mama und Familie wieder zu sehen – andererseits fürchten wir uns vor der Kälte und vor dem Erledigungs-Stress, der auf uns zukommt. Wir fragen uns auch, wie es wohl sein wird, nach so langer Zeit wieder in Deutschland bzw. Franken zu sein? Deutsche Ordnung, Spießbürgertum und Konsumgesellschaft … passt das gerade in unser Konzept?

In Nürnberg angekommen merken wir, dass sich der Kulturschock zum Glück in Grenzen hält. Und sooo kalt ist es auch nicht: Bei unserer Ankunft am Flughafen misst das Thermometer ca. 10 Grad Celsius. Etwas befremdlich ist jedoch die Stille in der Straßenbahn – in Marokko wäre das Gegenteil der Fall. Hier scheinen die Menschen eher in sich gekehrt zu sein – was in Kontrast steht zu dem Gebaren der Marokkaner, von denen man ständig angesprochen oder angelächelt wird. Beides hat aber Vor- und Nachteile, wie immer im Leben. Neben den nervigen und anstrengenden Erledigungen nutzen wir die Zeit hier in Nürnberg dazu, all die Dinge zu tun, die wir in den letzten Wochen vermisst haben. Oder das zu essen, wonach wir in den letzten Wochen geschmachtet haben: Wir verbringen viel Zeit mit Familie und Freunden, nehmen ein Vollbad; Mägdi geht ins Fitnessstudio; wir gehen auf den Weihnachtsmarkt und trinken Glühwein, essen gebrannte Mandeln und Nürnberger Rostbratwürste. Apropos Weihnachtsmarkt: Normalerweise gehen wir kaum ‚auf so was‘, aber nun sehen wir die Welt so wie Touristen sie sehen würden. Dadurch können wir dem Ganzen durchaus etwas abgewinnen. Der Nürnberger Christkindlesmarkt ist ja Deutschlands berühmtester Weihnachtsmarkt und da wir die Welt ja jetzt durch ‚Touristen-Augen’ sehen, entdecken wir auf einmal viele kleine hübsche Gegenstände wie Kunsthandwerk, lustige Pflaumenmännchen oder schmucke Lebkuchenfiguren. Ein bisschen kitschig bleiben sie trotzdem.

Wir gehen in Nürnberg außerdem noch aufgestauten Gelüsten nach wie Döner bzw. Hamburger aus Schweinefleisch essen, Kuchen backen (und natürlich essen), Spaghetti Carbonara kochen (in Marokko gibt es ja weder Pecorino noch Schinkenwürfel zu kaufen). Wir gehen außerdem nach langer Zeit wieder ins Theater sowie shoppen (z.B. Sonnenbrillen mit verlässlichem UV Schutz, Damensocken in der passenden Größe statt der marokkanischen ‚One Size’ Größe, Laufschuhe, etc.) Dass man in Deutschland das Privileg hat, all diese Dinge tun und einkaufen zu können ist uns erst durch den ‚Entzug’ in den letzten Wochen bewusst geworden und wir können all diese Dinge sehr genießen, anstatt sie für selbstverständlich zu halten.

Wie befürchtet erkältet sich Mägdi am dritten Tag und liegt erst einmal flach. Aber sich von Muttern ‚betüddeln’ zu lassen, den ganzen Tag schlafen und Filme schauen zu dürfen – das hat auch was. In Deutschland wird es immer kälter und kälter: Am Tag unserer Abreise misst das Thermometer nur noch 3 Grad Celsius. Wir können sogar noch ein paar Schneeflocken einfangen. Laut Prognose soll es in den nächsten Tagen noch kälter werden. Genau der richtige Zeitpunkt für uns, um abzufliegen – auch wenn der Abschied von der Familie ein bisschen weh tut. Auf dem Weg zum Flughafen beschwert sich der Taxifahrer über den ‚unmöglichen Verkehr’ in Nürnberg. Darüber können wir nur schmunzeln. Er hat wohl den Verkehr in Marrakesch noch nicht erlebt! Die Ankunft ebenda gestaltet sich unspektakulär: Wir sind da, unsere Koffer sind da, die Morli ist noch da – und unversehrt. Unsere Winterjacken behalten wir gleich an, denn nachts ist es nun auch hier sehr kalt geworden. Es ist also Zeit, dass wir endlich weiter in den Süden kommen. Da wir nun endlich im Besitz des ‚Carnet de Passage‘ sind, können wir theoretisch bis nach Südafrika herunterbrettern, falls wir Lust dazu haben bzw. die Morli dies durchhält. Wir sind guter Dinge und freuen uns. Auf zu neuen Abenteuern!

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