Marokko Teil 9

Erg Chebbi

Als nächstes Ziel peilen wir Merzouga am Rande von Erg Chebbi an – eines der beiden großen Sandmeere in den Wüstengebieten Marokkos. Die Fahrt von Ouarzazate Richtung Osten dorthin (ca. 365 km) zieht sich durch scheinbar endlose Wüstenabschnitte. Die Landschaft ist gleichbleibend, steinig und mit Sicht auf die Berge im Hintergrund. Selten begegnet uns ein anderes Auto und die einzigen Lebewesen, die wir treffen sind ein paar Kamele sowie vereinzelt Schafsherden. Unser erste Übernachtungsplatz liegt wieder einmal ‚mitten im Nichts’, etwa 20 km östlich von Boumalne Dades. Es ist schön ruhig und wir schlafen wie meist auf unserer Reise tief und fest. Die Suche nach unserem nächsten Übernachtungsplatz hingegen – etwa 60 km westlich vor Rissani – wird uns zum Verhängnis, denn wir bleiben zum ersten Mal in Marokko mit der Morla stecken: Im sandigen Untergrund eines Flussbettes – und das gleich zwei Mal kurz hintereinander.

Ein freundlicher Marokkaner, der zufällig mit dem Moped an uns vorbei fäht, eilt zum Glück gleich zu Hilfe und buddelt mit uns die festgefahrenen Reifen aus. Nur ein paar Meter weiter – dem Boden sieht man gar nicht an, dass er schon wieder aus Sand besteht – fahren wir uns abermals fest. Also wird die Schaufel zum wiederholten Male herausgeholt. Toni buddelt und buddelt, um den Sand vor den Rädern zu entfernen, doch die Räder laufen leer. Wir versuchen eine ‚Rampe‘ aus flachen Steinen zu bauen, so dass die Räder Griff bekommen, doch vergebens. Die Morla steckt immer tiefer und tiefer im Sand. Als wir schon kurz vor der Verzweiflung stehen, sehen wir in der Ferne einen Geländewagen, den wir heran winken. Der Inhaber, wieder ein hilfsbereiter Marokkaner, versucht sein Bestes mit dem Abschleppseil. Wir wähnen uns schon fast in Sicherheit und können unseren Augen nicht trauen, als dieses Bergungsseil plötzlich reißt! Oh nein! Da es schon fast dunkel ist, geben wir es fürs Erste auf und verabreden uns mit dem wohltätigen Jeepbesitzer für den nächsten Tag. Nach einer unruhigen Nacht mit wenig Schlaf auf einem schrägen Untergrund werden wir morgens gegen 9 Uhr schon von drei engagierten Marokkanern geweckt. Der Plan ist: Reifen ausbuddeln und Rampen aus Holz und Steinen bauen. Gesagt, getan: 3 Marokkaner und ein Toni schaufeln den Sand vor den Rädern und bauen Rampen, bis nach ca. 4 beschwerlichen Stunden die Morla endlich wieder auf die Straße gebracht ist. Die ganze Aktion war für uns so kräftezehrend, dass wir sicherlich um Monate gealtert sind. Memo an uns selbst: 1.) Ab jetzt den Untergrund vorsichtig und vor allem vorher prüfen! 2.) Nie auf Sand abbremsen! Und vor allem: 3.) Nie die Räder durchdrehen lassen! Mit diesen guten Vorsätzen fahren wir dann endlich weiter …

Am späten Nachmittag nähern wir uns endlich unserem Ziel und können die rosa Dünen des Erg Chebbi schon aus einer Entfernung von etwa 30 Kilometer erspähen. Die durch Wind geformte Dünenlandschaft hat eine gesamte Ausdehnung von etwa 22 Kilometer in Nord-Ost-Richtung und 5 Kilometer in Ost-West-Richtung. Das Panorama sieht irgendwie unwirklich aus: So als hätte jemand den Sand von woanders hierher transportiert um auf steinigem Untergrund hübsche rötlich schimmernde Sandberge aufzutürmen. Als wären die Dünen künstlich hierher plaziert worden, um uns Touristen zu beglücken. Angekommen an unserem Campingplatz ‚La Tradition‘, der direkt am Fuß der großen Sanddünen liegt, sind wir dann schon sehr überwältigt! Majeistätisch thronen die bis zu 150 Meter hohen rosa-gelben Sandberge vor uns, eindrucksvoll und Erfurcht gebietend. Merzouga ist ansonsten ein hübsches, weitläufiges Wüstendorf mit ca. 500 Einwohnern, wobei zumeist die Lehmbauweise (Stampflehm) das Ortsbild kennzeichnet. Bei einer abendlichen Erkundungstour durch das Dorf fällt uns auf, wie wundersam die Farben leuchten … wie in einem Märchen aus 1000 und 1 Nacht.

Auf unserem Campingplatz fühlen wir uns recht wohl; er ist klein, gepflegt und einigermaßen menschenleer. Nur der Campingplatz-Manager ist etwas anstrengend und nötigt uns dazu, eine organisierte Kameltour mit Übernachtung in der Wüste für stolze 120 Euro durchzuführen. Er überzeugt uns dabei mit dem Argument, alleine wäre es zu gefährlich, die Dünen zu durchwandern. Na gut … Wir freuen uns einerseits darauf, da unsere Kameltour vor 2 Jahren zum Erg Chigaga fantastisch war … andererseits sind wir es leid, schon wieder als ‚dumme Touristen’ abgezockt zu werden. Wir sind gespannt. Romantisch zu zweit auf den Dromedaren zu reiten, die Stille und die atemberaubende Landschaft zu genießen, das schwebt uns am Morgen vor, als wir uns um 10 Uhr zum Treffpunkt begeben. Die freundlich drein blickenden und zutraulichen Dromedare verbreiten erst einmal gute Laune. Doch schon nach kurzer Zeit kippt unsere Stimmung: Eine Gruppe ohne Punkt und Komma sowie laut schwatzender ‚Hipster-Spanier‘, schon morgens einen Joint in den Mundwinkeln hängend, stellt sich als unsere heutige Reisebegleitung heraus. Oh nein! Das war wohl nichts mit ‚Stille genießen’ und ‚Romantik’. Etwas unwillig und missgestimmt machen wir uns also auf den Weg. Nichtsdestotrotz: Die Natur ist wirklich atemberaubend schön und das Mittagessen in einem Berberdorf mitten in der Wüste, bei dem wir uns von der lärmenden Horde abseilen können, ist angenehm. Das Highlight der Tour wartet dann am Abend auf uns: Angekommen am Übernachtungslager am Fuße der höchsten Düne schnappen wir uns unsere mitgebrachte Flasche Rotwein und wandern auf den höchsten Punkt des Sandbergs. Von hier aus kann man das gesamte Dünenmeer des Erg Chebbi überblicken: Atemberaubend schön. Allein für diesen Ausblick von oben hat sich die Tour gelohnt! Bei einem Glas Rotwein, der untergehenden Sonne und in Abwesenheit der plärrenden Spanier kommt nun doch die ersehnte romantische Stimmung auf … und es ist endlich still. Wir genießen noch den Sand und die wunderschönen Farben und machen uns am nächsten Tag (nach einer durchfrorenen Nacht im Berberzelt) wieder auf zu unserer Morli. Abschließend können wir feststellen, dass wir die Tour durchaus auch alleine hätten bewerkstelligen können … einfach den Kamelherden nachgelaufen ist es zum Berbercamp nur ein Katzensprung. Verlaufen kann man sich kaum. Andere ‚Gefahren‘, welche die Anwesenheit eines ‚Guides‘ unbedingt notwendig gemacht hätten, erschließen sich uns auch nicht. Naja, nächstes Mal dann …

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